Malerei und Bildhauerei Marktheidenfeld

 2010 07 09 Marktheidenfeld

"Malerei und Bildhauerei“ Marktheidenfeld 9. Juli – 15. Aug. 2010

Bildhauerei von Ramona Müller-Hamleh und Rolf Hamleh sowie Malerei von Gunter Schmidt im Marktheidenfelder Frank-Haus

 

Blickpunkt. Sichtweise. Perspektive.

So ehern diese Skulpturen, so sehr ist ihnen doch der Drang nach Bewegung zu eigen - selbst im größten Schmerz: "Golgatha" überdreht der Gekreuzigte seine Arme und neigt den Nacken tief, wärend die Schaulustigen die Hälse recken. Andere Eisenskulpturen von Rolf Hamleh setzen zum Sprung an, spreizen die Arme, wehren sich eisern gegen Stillstand - genau wie die Bronzeplastiken von Hamlehs Frau Ramona Müller-Hamleh  Offenbarungen einer in sich selbst suhlenden Freude sind.

Die Skulpturen des Walldürner Künstlerpaars einzuhüllen in die riesenhaften Porträts und Lebens-Erfahrungen des Tauberbischofsheimer Malers Gunter Schmidt ist eine gute Entscheidung für die gemeinsame Ausstellung unter dem schlichten Titel "Malerei und Bildhauerei" im Marktheidenfelder Frank-Haus. Denn auch Gunter Schmidts Thema ist in Wahrheit die Bewegung. Egal, ob die überdimensionalen Kopf-Bilder von Barack Obama, Angels Merkel, Nelson Mandela, oder jene von Bekannten von nebenan: Statt starrer Mienen schafft Schmidt Spiel der Mimik, verheißen die Porträtierten Leben. -mache von ihnen mehr, als wir von ihnen im wirklichen Leben erfahren.

Der Ausstellungsraum im Frankhaus bietet durch seine offene Bauweise Gelegenheit, Skulpturen und Gemälde auch aus ungebräuchlichen Blickwinkeln zu betrachten: Wer das tut, findet sich plötzlich in seinem persönlichen Wettstreit, Details zu umkreisen. Was ist wichtiger? Das Ei, oder die es (möglicherweise) zerdrückende Hand des Filippo Brunelleschi in Rolf Hamlehs gleichnamiger Skulptur? • Brunelleschi (1377 bis 1446) war einer der führenden italienischen Bildhauer der Frührenaissance, er gilt als Entdecker der mathematisch konstruierbaren Perspektive: Exakt die wendet der Betrachter an, wenn er um die Skulptur zirkuliert und dabei ganz beiläufig Werke von Gunter Schmidt und Ramona Müller-Hamleh in den Brennpunkt des Blickes rückt.

Und so formt sich die ganze Ausstellung: Gußeiserne Akrobaten springen auf lasziv räkelnde Akte zu, wohl proportionierte Wollust sinkt im schwülen Erotik-Guss ein in kühlen Steinsockel. Aber ganz und gar nicht oberflächlich wirkt dieses Schaffen, da sei immer die gleich am Eingang platzierte und so schmerzvoll wirkende Szene "Golgatha" vor dem Hintergrund von Gunter Schmidts "Dokument mit Narbe" vor.

Und gerade hier und gleich stellt sich die Frage: Bewusst platziert? Möglicherweise, vielleicht auch nicht - in jedem Fall aber gibt der Blickpunkt des Betrachters eine ganz individuelle Antwort auf die Sichtweise eben dieses Betrachters.      

                                                                                                                   Stefan Reis   Main-Echo, 12. Juli 2010

• Warum "Ei des Filippo Brunelleschi"? Die Kolumbus zugeschriebene Anekdote, ein gekochtes Ei auf der Spitze aufzustellen (indem er eben diese Spitze auf die Tischplatte aufschlägt), geht vermutlich auf Brunelleschi zurück: Mit der Lösung des "Eiproblems" soll er den Auftrag zum Bau der Kuppel des Doms von Florenz erhalten haben.

 

 

 

 

 

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